Samstag, den 19.09.2020 – ES GEHT LOS
… nachdem wir uns bei der Klinik zum künstlichen Blasensprung angemeldet hatten, duschte ich nochmal und flechtete mir zwei Zöpfe, da ich dachte diese würden eine Geburt gut überstehen und mich währenddessen nicht stören. Also fuhren wir gefühlt zum tausendsten Mal in die Klinik, diesmal jedoch mit dem Wissen nicht ohne Emilia zurück zu kehren. Ich war super angespannt und aufgeregt.
Noch heute würde ich meinen kleinen Schatz endlich in die Arme schließen können.
In der Klinik angekommen, empfing uns Hebamme Anna und führte uns direkt zum Kreißsaal. Vor der Türe fragte sie mich noch: “Bist du bereit, Rebecca?” Ich antwortete mit einem etwas unsicheren: “jaaa?” Im Kreißsaal angekommen, kam mir bereits ein angenehmer Lavendelduft und der Klang einer entspannten Klaviermusik entgegen. Sogar das Licht hatte sie bereits gedimmt. Anna hatte wohl ihre Hausaufgaben gemacht und meinen Geburtsplan gelesen, indem stand dass ich Entspannungsmusik und Lavendel-Aromaöl zur Geburt mitbringen werde.
Sie begleitete uns zum Kreißbett wo sie mich an das CTG anschließ und den Muttermund nochmal untersuchte. Der Muttermund war bereits 6cm geöffnet und ich hatte immer noch Wehen, die auf dem CTG sichtbar waren. Anna freute sich besonders darüber, dass die Fruchtblase schön prall war und der Kopf von Emilia nicht mehr abschiebbar war. Sie versicherte mir, dass die Karten für einen künstlichen Blasensprung sehr gut stehen und sie bereit ist die Blase zu öffnen, wenn ich es auch bin. Ich war sehr aufgeregt, stimmte aber dennoch zu.
Sie informierte mich darüber, dass bei manchen Frauen ein wichtiges Blutgefäß durch die Fruchtblase läuft, welche der Versorgung des Babys dient. In gaaaaanz seltenen Fällen kann es dazu führen, dass dieses Blutgefäß reißt und dann ein Notkaiserschnitt durchgeführt werden muss. Dies kann aber auch passieren, wenn die Blase von alleine springt. Auf Grund dessen, bekam ich einen intravenösen Zugang gelegt, der erst beim 3. Versuch mit Hilfe der Narkoseärztin richtig gelegt wurde. (AUA!!!)
13:45 Uhr – ÖFFNEN DER FRUCHTBLASE
Als der Zugang gelegt war, ging es los! Sie tastete nochmal ab und wartete eine Wehe ab.
Dann durchstiess sie die Fruchtblase mit einer aus Kunststoff bestehenden “Stricknadel” welche an der unteren Seite einen kleinen scharfen Haken hatte. Es war Geräusch- und Schmerzlos, schwallartig lief mir eine warme Flüssigkeit zwischen die Beine. Die Hebamme teilte uns mit, dass eine große Menge an durchsichtigem Fruchtwasser herauslief. Ich beobachtete aufgeregt Emilias Herztöne, denn ich hatte Angst, dass sie Stress bekommen könnte. Glücklicherweise blieben Ihre Herztöne konstant und sie war entspannt. Ich musste noch eine halbe Stunde am CTG liegen bleiben bevor ich aufstehen durfte, denn nach einem künstlichen Blasensprung müssen die Herztöne und der Kreislauf der werdenden Mutter gut überwacht werden. Sehr schnell bemerkte ich einen starken Druck nach unten und immer stärkere und ziehendere Schmerzen die in den unteren Rücken ausstrahlten.
UND DA WAREN SIE… DIE RICHTIGEN WEHEN!
Emilia musste bereits bemerkt haben, dass ich ihre kuschlig warme Behausung gekündigt hatte und sie diese nun aufgeben musste. Also kündigte sie Ihren Weg nach draußen mit deutlich spürbaren Wehen an. Mein Mann Luca war inzwischen total nervös und rief wieso auch immer, sämtliche Familienmitglieder über Facetime an. Zuerst meine Schwester, dann meine Mutter und letztendlich meinen Vater, der neben meinem Schwiegervater saß. Nachdem er dann im Familienchat mitgeteilt hatte, dass es losgeht, waren dann ausnahmslos alle informiert :-D. Die Wehen waren nun regelmäßig im 2 Minuten Takt deutlich zu spüren. Ich hatte den Wunsch in die Wanne zu steigen um mich ein wenig zu entspannen.
Anna ließ mir ein Bad ein und dann saß ich dort und der Druck nach unten ließ tatsächlich ein wenig nach, wodurch ich die Wehen besser veratmen konnte. Ich freute mich über jede einzelne Wehe und wusste, dass sie mich immer Näher zu meiner Tochter bringen würden. Luca streichelte meinen Nacken und massierte meinen Kopf während ich in der Wanne saß und eine Wehe nach der anderen meinen Körper durchrollten.
Obwohl ich nicht wie im Buch “Hypnobirthing” beschrieben in einen hypnotischen Zustand kam, war ich dennoch tiefenentspannt und konnte mich sehr gut konzentrieren. Ich blendete mein Umfeld einfach aus und ging tief in mich und fühlte, dass es Emilia gut ging. Nach etwa 2h fragte mich Anna ob ich den Maya-Hocker ausprobieren wollte um das ganze in Schwung zu bringen. Also setzte ich mich auf den Hocker, merkte aber schnell, dass ich mich in der Wanne deutlich wohler fühlte und ging nach kurzer Zeit wieder zurück in die Wanne.
Plötzlich hatte ich das Gefühl ein großes Geschäft machen zu müssen und zwar sofort! Das Problem an der ganzen Sache war, dass ich nicht mehr durfte. Hebamme Anna meinte, dass dies die Presswehen sind und es normal ist, dass es sich so anfühlt als müsste ich aufs Klo und ich solle ruhig anfangen in diese Richtung zu drücken.
Aha, es sollte sich also so anfühlen als ob ich mein Baby “auskacke”???
Ich bat nochmal auf das stille Örtchen zu dürfen, denn das Gefühl ließ mich nicht los, dass ich wirklich nochmal auf Toilette müsste und so war es dann leider auch – nur eben nicht auf der Toilette und vor meinem Mann! Im wahrsten Sinne des Wortes – ein echt beschissenes Gefühl! Anna meinte dann, das dies bei jeder dritten Geburt passieren würde nur merken die meisten das wohl gar nicht.
In diesem Moment schwor ich mir beim nächsten Mal ein Einlauf zu machen um nicht nochmal in so eine beschämende Situation zu kommen. Und fragte mich wieso zur Hölle in keinem der zahlreichen Geburtsberichte die ich gesehen und gelesen habe, davon erzählt wird, dass so etwas unangenehmes passieren kann? Ich meine, ich könnte diesen Teil auch einfach weglassen aber vielleicht findest du dich in den Zeilen ja wieder oder kannst dich auf deine bevorstehende Geburt besser vorbereiten als ich es konnte.
17:09 Uhr – DIE PRESSWEHEN
Genau um diese Zeit schaute ich auf die Uhr und fragte Anna wie lange diese Presswehen denn gehen würden, denn es fing an wirklich sehr schmerzhaft zu werden. Sie meinte in der Regel zwischen 20 – 90 Minuten und ich hoffte auf ersteres. Da ich nach meinem Fauxpas nicht mehr in der Wanne bleiben wollte, setzte ich mich nochmal auf den Mayahocker.
Die Wehen setzten in immer kürzeren Abständen ein und ich war so langsam ganz schön erschöpft. Nun war ich unglaublich froh, Luca an meiner Seite zu haben. Er stützte mich, denn ich konnte von da an nicht mehr selbstständig sitzen geschweige denn stehen. Luca hielt mich fest und half mir somit durch jede Wehe. Und es sollten noch viele weitere Wehen dazu kommen…
ICH KANN NICHT MEHR
Inzwischen hatte Anna meinen Frauenarzt (Belegarzt) angerufen, welcher innerhalb kürzester Zeit angefahren kam und im Kreißsaal stand. Er freute sich und meinte: “ohh ja Sie sind aber schon weit, es geht ja gleich los!”
Nur ich hatte das Gefühl noch weit weg vom Ziel zu sein und fragte wann es nun endlich vorbei sei. Nach weiteren Presswehen hatte ich irgendwann das Gefühl nicht mehr zu können. Ich drückte und presste wie verrückt, doch nichts ging voran. Luca feuerte mich an und versprach mir ich hätte es gleich geschafft und ich sollte nicht aufgeben. Ich glaube zu diesem Zeitpunkt habe ich angefangen zu weinen und zu jammern, denn es brannte wie Feuer. Insgeheim habe ich mich nach einer Betäubung gesehnt. Doch Luca bestärkte mich so sehr, dass ich meine ganze Kraft zusammen nahm und nochmal so richtig presste. Diesmal musste ich schreien und ich bemerkte, dass ich so noch viel mehr Kraft aus mir schöpfen konnte.
Ich hatte mir eigentlich geschworen, leise und sanft zu gebären um Luca keinen Schock seines Lebens zu verpassen aber ich musste es einfach raus lassen. Also Presste ich noch lautstark 2 – 3 Wehen doch Emilia rutschte immer wieder zurück und ich hatte das Gefühl untenrum komplett zu zerreißen.
DER DAMMSCHNITT
Ich bemerkte wie sich Anna und mein Arzt kurz mit einander besprachen und wie Anna eine Schere auspackte. Mir war bewusst was das bedeuten würde also schloss ich meine Augen bei der nächsten Wehe und presste als gäbe es kein Morgen mehr. Ich hörte noch wie mein Arzt rief: “JETZT” und Zack, da war er – der Dammschnitt! Der ekligste und brennendste Schmerz den man sich vorstellen kann! Das einzig tolle daran, mit dem Schnitt war auch endlich Emilias Kopf draussen. Oh Gott, ich fragte mich wie sich etwas so schmerzhaftes gleichzeitig so gut anfühlen konnte.
18:42 Uhr – DIE GEBURT
“Noch eine einzige Wehe, dann hast du es geschafft”, sagte Luca zu mir. Ich war erschöpft aber wusste dass es nur noch diese eine Wehe sein würde und ich es dann endlich gepackt hätte. Ich nahm also meine ganze Kraft zusammen und presste ein letztes Mal. Flutsch… da war sie! Um 18:42 Uhr kam unsere wundervolle und gesunde Tochter Emilia Marina Ute Madonia mit 3490g und 49,5cm zur Welt. “Da ist sie endlich! Unsere schöne Tochter”, rief Luca und fing vor Freude an zu weinen. Ich bekam Emilia in den Arm gelegt doch schnell bemerkte ich, dass etwas nicht stimmte.
EIN SCHOCKMOMENT
Plötzlich bekam ich Angst, denn Emilia atmete nicht. Sie weinte nicht und es schien als würde sie nach Luft schnappen. Ich fragte schockiert den Arzt was sie denn hat und dass sie keine Luft bekommt. Anna meinte dann, dass sie zu viel Fruchtwasser geschluckt hat, da sie so lange im Geburtskanal steckte und sie abgesaugt und beatmet werden musste. Das waren die längsten 5 min meines Lebens in denen ich nur von der Ferne zuschauen konnte. Denn in dieser Zeit gebar ich noch die Plazenta und der Dammschnitt wurde genäht. Es war unangenehm, jedoch kreisten meine Gedanken nur um Emilia.
Glücklicherweise ist dies nichts ungewöhnliches und nach dem Absaugen ging es ihr auch gut und ich konnte meine kleine Prinzessin in die Arme schliessen und schon suchte sie noch im Kreißsaal nach meiner Brust. Wir durften noch einige Stunden für das Bonding bleiben und auch Luca nahm Emilia auf seine nackte Brust. Nun waren wir erschöpfte, aber überglückliche Eltern. Ich entschied mich dafür noch eine Nacht im Krankenhaus zu bleiben und durfte am nächsten Tag das Krankenhaus mit Emilia verlassen.
FAZIT
Ich habe den Prozess der Geburt als sehr intensiv und kraftvoll erlebt. Die Eröffnungswehen konnte ich sehr gut veratmen und waren für mich absolut zum aushalten. Die Presswehen hingegen, haben mir sehr viel Kraft gekostet und in Kombination mit den brennenden Schmerzen auf meinen Damm waren diese wirklich sehr schmerzhaft. Dennoch habe ich die Geburt als einen ganz besonderen und auch schönen Prozess erlebt und bin froh, dass es genauso gekommen ist, wie es letztendlich war. Und ich bin auch ein bisschen stolz, dass ich das ganze ohne Schmerzmittel geschafft habe.
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Rebecca Madonia
Luca