Krankheitsbild der Plazenta FFTS
Als ich von der eineiigen Zwillingsschwangerschaft bei meiner Frauenärztin erfuhr, klärte sie mich nach dem Ultraschall direkt über die verschiedenen Formen von Zwillingsschwangerschaften auf. Da es zu diesem Zeitpunkt jedoch noch zu früh war, um genau zu erkennen, um welche Form es sich handelte, mussten wir bis zum nächsten Ultraschall in der 9. Woche warten. Hierbei wurde dann herausgefunden, dass es sich um eine Mo-Di (monochoriale-dichoriale) Schwangerschaft handelte, welche ein erhöhtes Risiko für Komplikationen darstellte.
An dieser Stelle möchte ich dich gerne über die Entstehung von eineiigen Zwillingen informieren:
Formen der eineiigen Zwillingsschwangerschaften
Eineiige Zwillinge entstehen, wenn eine befruchtete Eizelle sich in zwei Embryonen aufteilt. Diese Zwillinge teilen dasselbe genetische Material und sind daher genetisch identisch. Es gibt jedoch einige Variationen in den verschiedenen Formen der eineiigen Zwillinge.
- Monochoriale-monoamniotische Zwillinge: Diese Zwillinge teilen sich die gleiche Plazenta und die gleiche Fruchtblase. Sie sind sehr selten und haben ein höheres Risiko für Komplikationen während der Schwangerschaft.
- Dichoriale-monoamniotische Zwillinge: Diese Zwillinge haben getrennte Plazenten, aber teilen sich die gleiche Fruchtblase. Dies ist auch selten und birgt ein höheres Risiko für Komplikationen.
- Monochoriale-dichoriale Zwillinge: Diese Zwillinge teilen sich eine Plazenta, aber haben getrennte Fruchtblasen. Sie sind häufiger als die oben genannten Arten von eineiigen Zwillingen, aber haben auch ein höheres Risiko für Komplikationen.
- Dichoriale-dichoriale Zwillinge: Diese Zwillinge haben getrennte Plazenten und getrennte Fruchtblasen. Sie sind die häufigste Art von eineiigen Zwillingen und haben das geringste Risiko für Komplikationen.
Zusammenfassend können eineiige Zwillinge in vier Arten eingeteilt werden, basierend auf der Anzahl der Plazenten und Fruchtblasen, die sie teilen.
Eine Schwangerschaft voller Arztbesuche
Meine Frauenärztin teilte mir also mit, dass diese Schwangerschaft von zahlreichen Arztbesuchen begleitet werden müsse. Ich musste mich alle 4 Wochen bei ihr und alle 4 Wochen zur Ultraschalluntersuchung in der Pränataldiagnostik vorstellen. Somit hatte ich alle zwei Wochen einen Termin beim Frauenarzt. Trotzdem riet mir meine Ärztin davon ab, nach möglichen Komplikationen zu googeln, da es mich nur verrückt machen würde.
Ich folgte ihrem Rat und war sogar schon ziemlich genervt, als ich von den bevorstehenden Arztbesuchen erfuhr, die ich ja irgendwie mit meinem Kleinkind bewältigen musste. Aber ich hatte ein bombastisches Gefühl zu den Zwillingen und wollte von irgendwelchen Komplikationen nichts wissen. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass die Schwangerschaftsübelkeit mein größtes Problem sei.
In der 13. Schwangerschaftswoche hatte ich plötzlich einen Harnverhalt. Ich konnte über Stunden kein Pipi machen, obwohl ich so dringend auf die Toilette musste. Nach 6 Stunden musste ich dann in die Notaufnahme und man hat mir mittels Einmalkatheter die Harnblase entleert. Ich hatte solche Schmerzen, dass ich dachte ich würde jeden Moment platzen. Das Einführen des Katheters war im ersten Moment zwar unangenehm, aber das Ablassen von 1,5 Liter Urin war die Erleichterung meines Lebens 😀
Glücklicherweise war es das einzige Mal, dass ich einen Harnverhalt hatte. Man sagte mir, dass dies manchmal durch die Umstellung der Hormone oder wenn ein Baby blöd auf dem Harnleiter sitzt, auftreten kann.
Bis zur 14. Schwangerschaftswoche verlief jeder Ultraschall glücklicherweise unauffällig. Beide Babys hatten identische Größe und Gewicht, und auch die Harnblase war bei beiden immer gut gefüllt. In der 14. Woche wurde während einer Pränataldiagnostik-Untersuchung festgestellt, dass ein Baby deutlich mehr Fruchtwasser hatte als das andere. Das beunruhigte die Ärztin sehr, und ich sollte nach drei Tagen erneut vorbeischauen, um zu überprüfen, wie der Stand sei.
Bei der nächsten Untersuchung war jedoch wieder alles normal, und die Fruchtwassermengen waren ausgeglichen. Ab diesem Zeitpunkt entschieden sich die Ärzte, dass ich wöchentlich vorbeikommen müsse, da dies ein Vorbote für das Krankheitsbild FFTS sein könnte.
Das war das erste Mal, dass ich nach FFTS googelte.
Was ist FFTS?
Das Feto-fetale Bluttransfusionssyndrom (FFTS) bei eineiigen Zwillingen tritt auf, wenn Blut zwischen den beiden Feten durch die gemeinsame Plazenta fließt und zu einem Ungleichgewicht im Blutvolumen der Zwillinge führt. Dies geschieht, wenn sich ungleiche Verbindungen zwischen den Blutgefäßen der Zwillinge bilden, die als vaskuläre Anastomosen bezeichnet werden.
In diesem Syndrom fließt Blut vom einen Zwilling (Donor) zum anderen (Empfänger). Der Empfänger erhält dadurch zu viel Blut, was zu einer Überbelastung des Herz-Kreislauf-Systems führen kann, während der Spender zu wenig Blut erhält und möglicherweise an Anämie leidet.
Die Symptome von FFTS bei eineiigen Zwillingen können unterschiedlich sein, abhängig von der Schwere des Syndroms. In der Regel sind die Symptome jedoch ähnlich wie bei anderen Formen von FFTS, einschließlich Wachstumsverzögerung, Ödemen (Wassereinlagerungen), Anämie und Herzinsuffizienz beim Empfänger, sowie Anämie und Hypovolämie beim Spender.
Die Diagnose des FFTS bei eineiigen Zwillingen erfolgt normalerweise durch eine Ultraschalluntersuchung der gemeinsamen Plazenta und des Fetus. Eine Doppler-Ultraschall-Untersuchung kann auch durchgeführt werden, um die Durchblutung der fetalen Gefäße zu überprüfen.
Die Behandlung des FFTS bei eineiigen Zwillingen kann durch fetoskopische Laserchirurgie erfolgen, bei der die vaskulären Anastomosen verschlossen werden, um den Blutfluss zwischen den beiden Zwillingen zu trennen. In schweren Fällen kann auch eine Frühgeburt notwendig sein, um das Leben der Zwillinge zu retten.
Es ist wichtig, dass das FFTS bei eineiigen Zwillingen frühzeitig erkannt und behandelt wird, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden.
„So ein Mist, das haben wir doch nicht“, war mein erster Gedanke. „Bei uns ist alles gut“, dachte ich und versuchte den negativen Gedanken, der sich wie ein Gewitter über meinem Kopf breit machte, zu verdrängen. Ich würde das doch spüren, wenn etwas nicht in Ordnung wäre, und versuchte in mich hineinzufühlen und meinen Twins im Bauch gut zuzusprechen.
Die nächsten Wochen, in denen ich bis zur 24. Woche wöchentlich zum Ultraschall nach Freiburg fuhr, waren immer sehr zufriedenstellend für die Ärzte. Beide Babys waren identisch in Größe und Gewicht und alles verlief normal.
Mein Bauch war auf Grund des vielen Fruchtwassers schon früh, riesengroß 
Das einzige, was es zu bemängeln gab, war das immer mehr werdende Fruchtwasser, was auch der Grund für meinen riesigen Bauch seit Beginn der Schwangerschaft war. Laut meiner Ärztin hatte ich bereits in der 20. Schwangerschaftswoche einen Bauch wie eine Hochschwangere, die in den nächsten 2-3 Wochen ihr Kind erwartete. Man sagte mir immer wieder, dass ich mich schonen solle, da so viel Fruchtwasser eine mögliche Ursache für eine Frühgeburt darstellt.
Dieser schnell wachsende Bauch wurde nicht nur für meine Haut zur Zerreißprobe, sondern war auch eine riesige Belastung für mein ganzes Wohlbefinden. Denn ich hatte schon seit der 16. Woche ein starkes Dehnungsgefühl, wahnsinnigen Druck nach unten und je weiter die Schwangerschaft voranschritt, umso mehr hatte ich das Gefühl, mein Bauch würde mich ersticken. Als wäre alles in meinem Körper gequetscht und mein gesamter Körper schmerzte.
Ich fühlte mich in dieser Schwangerschaft schlichtweg einfach nicht wohl und war froh über jeden überstandenen Tag. Als man mir am Ende der 24. Schwangerschaftswoche dann aber in der Pränataldiagnostik mitteilte, dass ein Auftreten des FFTS ab jetzt noch sehr unwahrscheinlich wäre und ich mich so langsam entspannen könnte, war ich überglücklich und erleichtert.
Eine Woche später hatte ich einen Termin bei meiner Frauenärztin, da ich erkältet war und einen Ultraschall benötigte. Während der routinemäßigen vaginalen Untersuchung wurde festgestellt, dass sich mein Gebärmutterhals plötzlich auf 2,8 cm verkürzt hatte, obwohl der Ultraschall der Babys unauffällig war. Meine Ärztin war besorgt und empfahl mir, mich zu schonen und möglichst viel zu liegen, da die Zervixlänge ein wichtiger Faktor für eine bevorstehende Frühgeburt war. Obwohl meine beste Freundin aus Nürnberg zu Besuch war und wir geplant hatten, ein Bauchshooting zu machen, zog ich es durch, um Erinnerungsfotos von meiner Schwangerschaft zu haben. Kurz nach dem Fotoshooting wurde mir jedoch schwindelig und ich hatte Schwierigkeiten beim Atmen. Ich legte mich auf die Couch, während meine Freundin und mein Partner sich um unsere Tochter kümmerten. Später bemerkte ich, dass sich eine Seite meines Bauches seltsam anfühlte, aber ich machte mir keine Sorgen, da meine Babys im Bauch aktiv waren.
Eine böse Überraschung
Am Dienstag ging ich zur Nachkontrolle bei meiner Frauenärztin und erfuhr, dass sich mein Gebärmutterhals weiter auf 2,3 cm verkürzt hatte. Meine Ärztin empfahl mir, umgehend in die Klinik zu gehen, um weitere Tests durchzuführen und eine bevorstehende Frühgeburt auszuschließen. Ich wurde stationär aufgenommen, obwohl ich keine Tasche mit Kleidung hatte, da ich nicht erwartet hatte, ins Krankenhaus zu müssen. Im Krankenhaus wurde eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, bei der es den Babys gut zu gehen schien. Allerdings hatte die Stationsärztin übersehen, dass sich bereits ein großes Ungleichgewicht in der Fruchtwassermenge der beiden Mädchen gebildet hatte.
Unwissend darüber, führte sie weitere Tests (Bluttest und vaginale Abstriche) durch, die eine Aussage über eine anstehende Frühgeburt machen sollte.
So lange man auf die Ergebnisse wartete, wurde ich in einer Art “Warteraum” abgestellt, in der man mich an´s CTG angeschlossen hatte. Da die Zwillinge aber noch so klein waren und ich so viel Fruchtwasser hatte, war es den Hebammen bzw. Krankenschwesterschülerinnen nicht möglich die Herztöne der beiden Babys auf dem CTG einzufangen. Was man jedoch sah, waren Kontraktionen. Ich hatte also Wehen, die sich auf meinen Gebärmutterhals auswirkten.
Nach etwa zwei Stunden des Wartens, kam die Stationsärztin zurück und meinte, dass die positive Nachricht wäre, dass eine mögliche Frühgeburt auf den Testergebnisssen negativ waren und es somit sehr unwahrscheinlich war, dass ich in den nächsten 7 Tagen meine Babys zur Welt bringe. Jedoch war sie über die Kontraktionen besorgt und sie entschied sich dazu mich stationär aufnehmen zu lassen, damit man mich über Nacht und am nächsten Tag beobachten könne.
Ich hatte ziemlich wenig Lust zu bleiben, da ich zu meiner grossen Tochter nach Hause wollte, der ich ein paar Stunden zuvor gesagt hatte, dass ich gleich wieder nach Hause kommen würde. Da ich aber auf den Rat der Ärztin hörte, blieb ich über Nacht. Zum Glück kam meine Schwester Jessica um mir meinen Koffer mit Kleidung und Essen zu bringen, denn als ich in mein Zimmer kam, war schon 22 Uhr und kein Essen mehr auf Station übrig.
Die Nacht war furchtbar, plötzlich litt ich unter starkem Sodbrennen und mir war total schlecht. Ich bekam so schlecht Luft und hatte immernoch mit meiner Erkältung zu kämpfen. Zudem war es einfach so unglaublich heiss in dieser Nacht. Tagsüber hatte es um die 40 Grad Celsius und ich sehnte mich nach einer Klimaanlage.
Am nächsten Morgen wurde ich noch bevor ich Frühstück bekam, in die Pränataldiagnostik für einen Ultraschall gebracht.
„UND DANN KAM DER SCHOCK!!!
Meine bereits bekannte Frauenärztin aus der Pränataliagnostik, die mich in den letzten Wochen betreut hatte, war außer sich. Man merkte, dass sie erbost war, denn sie fragte sich, wieso man mich nicht schon gestern zu ihr geschickt hätte. Sie teilte mir mit, dass wir einen schweren Fall des Feto-Fetalen-Transfusionssyndroms haben.
Okay, wow!!! Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Ich war wirklich schockiert. Ich konnte es nicht glauben und dachte wirklich, ich sei im falschen Film gelandet. Wie konnte es möglich sein, dass innerhalb von wenigen Tagen das ganze Fruchtwasser auf eine Seite gekippt war und sich der Zustand meiner Babys so schnell verschlechterte?
Sofort kullerten mir Tränen über das Gesicht, und die Ärztin versuchte mir Mut zuzusprechen. Sie sagte mir, dass sie nun sofort Rücksprache mit den Ärzten der Pränataldiagnostik des UKEs in Hamburg halten würde, ob eine mögliche Laserbehandlung überhaupt noch in Frage käme, denn es war bereits die 26. Schwangerschaftswoche, die letzte Woche, in der eine Lasertherapie überhaupt noch möglich wäre.
Man brachte mich zurück in mein Zimmer, welches ich mit zwei anderen Frauen teilte, die gerade beide ihre Babys zur Welt gebracht hatten. Dort angekommen, brach ich in Tränen aus. Ich rief Luca an und versuchte ihm schluchzend zu erzählen, was passiert war. Er kam sofort ins Krankenhaus zu mir. In der Wartezeit, bis sich die Ärztin mit der Rückmeldung aus Hamburg wieder bei mir meldete, weinte ich mir die Augen aus und fragte mich immer wieder, warum das nun passieren musste. Was habe ich falsch gemacht? Warum müssen genau meine Babys von diesem Krankheitsbild betroffen sein? Wieso, wieso, wieso? Ich konnte und wollte es einfach nicht fassen.
Man bereitete mich auf eine Frühgeburt vor
Ca. 1,5 Stunden später wurde ich in den Kreißsaal gebracht. Glücklicherweise durfte Luca mitkommen, und man erklärte mir, dass man mich und die Babys nun auf eine bevorstehende Frühgeburt vorbereiten müsse. Damit war die Lungenreifungsspritze gemeint, welche 2x innerhalb von 48 Stunden gegeben wird, um den Babys bei einer anstehenden Frühgeburt einen besseren Start ins Leben zu ermöglichen.“
Ich fragte, ob man nun eine Laserbehandlung durchführen würde oder was der Plan sei, da mich irgendwie keiner so richtig aufgeklärt hatte. Die Hebamme schaute verdutzt und rief die Oberärztin der Pränataldiagnostik nochmal zu uns, um uns den aktuellen Stand mitzuteilen. Sie kam in den Kreissaal und erklärte, dass die Ärzte in Hamburg die Lasertherapie durchführen würden, sofern ich dies wünschte. Und dass man auf jeden Fall eine Lungenreifungsspritze geben müsse, falls es zu einer Frühgeburt käme.
Sie sprach von zwei Optionen, die ich hatte:
Unsere Optionen
Option 1:
Ich bleibe in Freiburg, die Zwillinge würden dauerhaft überwacht, und im Falle einer Verschlechterung des Zustands der beiden würde man sie in wenigen Tagen auf die Welt holen. Hier müsste ich jedoch bedenken, dass es sehr wahrscheinlich wäre, einen oder beide Zwillinge zu verlieren. Und wenn sie es doch überleben, dann vermutlich mit schweren Schäden. Sie könnten geistig behindert sein, an Herzfehlern leiden oder Nierenschäden haben.
Option 2:
Ich fahre mit dem Auto oder Zug nach Hamburg (in der Hoffnung, dass meine Fruchtblase nicht platzt, da ich ohnehin schon gefährdet war, einen Fruchtblasensprung zu erleiden), lasse dort den Lasereingriff durchführen und habe eine Chance von 50:50, dass der Eingriff gut verläuft und meine Zwillinge sich vom FFTS erholen und die Schwangerschaft noch einige Wochen weitergeht.
Wieder war ich geschockt und konnte erst einmal nichts sagen. In meinem Kopf hatte ich natürlich schon meine Sachen gepackt und war in den Zug gestiegen, doch dann fiel mir ein, dass es mir ja körperlich auch nicht gut ging. Ich konnte kaum laufen und eine Erschütterung, wenn man über eine Straße fuhr, hätte ich vor Schmerz nicht ertragen können. Luca fragte daraufhin, ob es nicht möglich sei, mich mit dem Hubschrauber oder Krankentransport nach Hamburg zu bringen. Doch leider ging man auf unsere Bitte nicht ein. Meine Babys und ich wären nicht „Notfall“ genug, bzw. ich könnte meine ungeborenen Babys ja auch in der Uniklinik in Freiburg zur Welt bringen, weshalb es nicht möglich wäre, uns mit dem Hubschrauber zu transportieren.
Einige Wochen später sagte man mir dann, dass es daran gelegen hätte, dass die Krankenkasse die Kosten für den Lasereingriff nicht übernommen hätte, da dieser erst am nächsten Tag durchgeführt worden wäre, und wir die Kosten dann selbst hätten tragen müssen. Naja, wie auch immer…
Ich musste schnellstmöglich nach Hamburg
Zunächst einmal bekam ich die Lungenreifungsspritze. Sie brannte so stark, dass ich hätte weinen können. Noch immer war ich geschockt, für mich war es jedoch klar, dass ich nach Hamburg musste – egal wie. Luca und meine Familie waren jedoch der Meinung, dass eine Fahrt mit dem Zug oder dem Auto viel zu gefährlich wäre.
In der Whats-App Gruppe „Twin Task Force“, die meine Schwester vor einigen Wochen gegründet hatte, wurde fleißig diskutiert. Es war Hochsommer und viele Fluggesellschaften streikten, was dazu führte, dass ICEs und Regionalzüge überfüllt waren und ohnehin durch das 9-Euro-Ticket Verspätungen hatten.
Dann hatte Luca die Idee, seinen Freund zu fragen, der Hobbypilot war, ob er uns nach Hamburg fliegen könnte. Glücklicherweise hatte er Mittagspause und war zufälligerweise bei seinem Freund, der ebenfalls Pilot war und ein Flugzeug besaß, mit dem man noch einen weiteren Passagier mitnehmen konnte. Beide waren sofort bereit zu helfen und riefen direkt beim Flughafen in Freiburg an, um eine Sondergenehmigung für einen Krankentransport zu bekommen. Auch der internationale Flughafen in Hamburg bereitete sich auf unsere Ankunft vor.
In nur zwei Stunden sollte es losgehen, also fuhr Luca schnell nach Hause, um meine Sachen zu packen. In der Zwischenzeit kam meine große Schwester, um für mich da zu sein, und später fuhr sie mich zum Flughafen, während mein Gepäck irgendwie seinen Weg dorthin fand.
Der Flug mit dem Hobbyflugzeug 
2,5 Stunden später standen wir am Flughafen und ich stieg in den kleinen roten Flieger ein. Um ehrlich zu sein, hätte ich im normalen Zustand niemals in so ein winziges Flugzeug gestiegen, da ich Flugangst hatte. Ich wusste jedoch, dass ich nun schnellstmöglich nach Hamburg musste und für meine Babys stark und mutig sein musste. Also beschloss ich, von nun an einfach nur noch positiv zu denken.
Als ich in den Flieger einstieg, zitterten meine Beine. Als wir dann aber gestartet waren und über den Wolken flogen, überkam mich ein Gefühl von reiner Dankbarkeit. Ich war einfach nur überglücklich, dass wir so liebe Menschen um uns herum hatten. Dass es mir ermöglicht wurde, nach Hamburg zu fliegen, obwohl uns nicht einmal die Uniklinik helfen wollte. Ab da wusste ich, dass ich Vertrauen in das Leben haben kann, auch wenn es mir schwere Aufgaben stellt und ich vor großen Herausforderungen stehe, in denen ich im ersten Moment vielleicht glaube, sie nicht bewältigen zu können. Mein neuer Glaubenssatz wurde geboren: „Ich bin dankbar und habe Vertrauen, dass das Leben gut zu mir ist.“
Von Flugangst geheilt
Der Flug nach Hamburg war wirklich schön. Ich denke, das war der Moment, in dem ich von meiner Flugangst geheilt wurde. Ich konnte den ganzen Flug sogar ein wenig genießen, denn plötzlich war da einfach dieses Gefühl, dass ab jetzt alles gut wird und man meinen Babys helfen wird.
Als wir nach knapp 2 Stunden Flugzeit sanft in Hamburg landeten, wurde ich direkt von einem Krankentransport abgeholt und ins UKE in Hamburg gebracht. Dort angekommen, wurde ich in einen Warteraum gebracht, in dem ich liegen konnte und mich an einer kleinen Snackbar bedienen konnte. Das war das erste Mal an diesem Tag, an dem ich etwas Kleines essen konnte.
Die Vorbereitung auf den Lasereingriff
Nach etwa einer Stunde holte mich dann Dr. Bamberg ab, der den Lasereingriff am nächsten Tag vornehmen sollte. Wir gingen in einen Untersuchungsraum, und Dr. Bamberg machte noch einmal einen langen Ultraschall. Danach klärte er mich über die anstehende Operation auf. Er erklärte mir, dass er den Eingriff gerne durchführen würde, dass er aber nicht ganz einfach werden würde, da ich bereits in der 26. Schwangerschaftswoche war und das Fruchtwasser somit nicht mehr so klar sein würde wie am Anfang der Schwangerschaft. Außerdem hatte ich eine Vorderwandplazenta, wodurch es schwer werden würde, eine gute Einstichstelle für den Laser zu finden, um die Plazenta nicht zu verletzen.
Danach klärte er mich über den Zustand meiner Mädchen auf. Meine Mädchen hatten bereits den Schweregrad 3 des Bluttransfusionssyndroms erreicht. Insgesamt gibt es 1-4 Schweregrade.
Die Überlebenschancen unserer Zwillinge
Liah war die Empfängerin, das Mädchen, das zu viel Blut bekam, während Malie die Spenderin war und ihr gesamtes Blutvolumen an Liah abgab. Somit hatte Malie kein Blut mehr und kaum noch Fruchtwasser. Ich konnte sie kaum spüren, da sie so tief lag und keinen Platz zum Bewegen hatte. Liah hingegen hatte so viel Blutvolumen, dass ihr kleines Herz und ihre Leber bereits total überlastet waren. Dr. Bamberg teilte mir mit, dass die Wahrscheinlichkeit dieses Eingriffs etwa 50:50 stand, dass meine Fruchtblase während des Eingriffs platzen könnte. Sollte der Eingriff jedoch gut verlaufen, von dem er ausging, dann hätte unsere Liah eine Überlebenschance von etwa 60-70% und Malie eine Überlebenschance von 80-90%.
Ich muss ehrlich sagen, dass mich das Benennen der Überlebenschancen wirklich fertig machte. Ich war den Tränen nahe, aber ich riss mich zusammen und sagte mir immer und immer wieder: „Alles wird gut, meinen Babys wird geholfen, ich werde bald meine gesunden Babys im Arm halten, es wird gut werden, ich weiß es. Alle sind für uns da. So viele Menschen schicken uns gute Gedanken. Es wird einfach gut gehen. Ich habe Vertrauen in das Leben und bin dankbar für diese Möglichkeit und dass die Medizin schon so weit ist.“
Nach meiner Einwilligung für den Lasereingriff am darauffolgenden Tag wurde ich auf mein Zimmer gebracht. Es war ein modernes Krankenhaus, und das Zimmer war sogar recht angenehm eingerichtet, sodass ich mich so gut es eben ging wohl fühlte. Ich durfte noch eine letzte Mahlzeit zu mir nehmen, bevor ich dann am nächsten Mittag operiert werden würde. Nachts um 00 Uhr, 6 Stunden später als ich, kam Luca auch in seinem Hotelzimmer an, der mit dem Zug hinterher gefahren war. Ich war froh, dass er nicht so viel später angekommen war, denn sonst hätte man am nächsten Tag erst viel später operieren können.
Der Lasereingriff
Direkt am frühen Morgen kam Luca dann zu mir aufs Zimmer, um mit mir zu warten, bis die Operation begann. Kurz vor der Operation bekam ich dann noch einmal die zweite Lungenreifungsspritze. Ich war absolut nicht scharf darauf, mein Bein erneut zu strecken, aber was sein musste, musste eben sein. Glücklicherweise hielt Luca meine Hand.
Der Lasereingriff, der notwendig war, um das Leben beider Babys zu retten, war für mich einer der schwersten Tage meines Lebens. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als wir in den OP gingen und ich voller Hoffnung war, dass unseren kleinen Mäusen geholfen werden würde.
Zunächst musste ich mich in eine bequeme Position legen, die es mir ermöglichte, 30-40 Minuten lang still zu liegen. Man betonte, wie wichtig es war, während des Eingriffs ruhig zu bleiben und sich nicht zu bewegen. Danach wurde mein Bauch und mein Rücken mit einer kalten Lösung desinfiziert und ich wurde mit grünen OP-Tüchern abgedeckt.
Mein Bauch wurde örtlich betäubt und über eine Vene erhielt ich Schmerzmittel, bevor der Eingriff begann. Der Arzt führte den Laser direkt durch meine Bauchdecke und in meine Gebärmutter ein, um die Blutgefäße zu trennen, die die beiden Babys miteinander verbunden hatte. Ich spürte sofort den schmerzhaften Einstich in meine Bauchdecke, als der Laser durch meine Haut drang. Es fühlte sich an, als würde jemand ein Messer in meinen Bauch stecken. Ich versuchte, ruhig zu bleiben und durchzuhalten, aber die Schmerzen waren unerträglich.
Da ich bereits in der 26. Schwangerschaftswoche war und das Fruchtwasser nicht mehr klar war, konnte man nicht mehr so gut durch die Kamera sehen. Außerdem hatte ich eine Vorderwandplazenta, was bedeutete, dass der Eingriff von der Seite punktiert werden musste, was ihn noch schwieriger und schmerzhafter machte, da der Laser um die Ecke gebogen werden musste. Zum Glück war Luca zu jeder Zeit an meiner Seite und hielt meine Hand. Als Glücksbringer hatte ich das Lieblingskuscheltier meiner Tochter dabei (welches wir glücklicherweise in dreifacher Ausführung haben).
Immer wieder musste ich Schmerzmittel bekommen, doch es schien, als würden sie mehr in meinem Kopf als in meinem Bauch wirken. Mir war schwindelig und ich fühlte mich wie auf Droge. Die Vorstellung, dass meine Babys gleichzeitig in meinem Bauch waren, machte die Situation noch schlimmer. Ich hoffte einfach, dass sie den Eingriff gut überstehen würden und meine Fruchtblase die Strapazen aushalten würde.
Nach Abschluss des Eingriffs wurde ich sorgfältig überwacht und es wurde sicherheitshalber eine Fruchtwasserpunktion durchgeführt. Da das Fruchtwasser in großer Menge vorhanden war, entschieden die Ärzte, einen Teil (2,4 L) des Fruchtwassers abzulassen, um das Risiko eines vorzeitigen Blasensprungs zu verringern.
(Auf den beiden Bildern oben, siehst du wie mein Bauch vor und nach der Operation aussah.)
Nachdem der Lasereingriff etwa 30 Minuten gedauert hatte, hatte ich unheimliche Wehen. Ich weinte vor Angst, dass die Geburt jetzt schon losgehen könnte
Ich weinte vor Angst, dass die Geburt schon begonnen haben könnte und dass der Lasereingriff umsonst gewesen wäre. Zum Glück halfen mir die drei verschiedenen Wehenhemmer, die ich bekam. Die lieben Hebammen waren immer zur Stelle und machten mir einen Bauchwickel mit Lavendelöl zur Entspannung und Schmerzlinderung. Obwohl ich versuchte, mich zu entspannen und durchzuhalten, war es unmöglich. Ich zitterte am ganzen Körper und wollte nicht glauben, dass ich nun so starke Wehen hatte.
Schließlich bekam ich ein starkes Beruhigungsmittel, um mich zu beruhigen. Mein Kreislauf war jedoch durch die vielen Wehenhemmer und Schmerzmittel, die ich während des Lasereingriffs bekam, ziemlich im Keller. Ich musste im Krankenhaus bleiben und wurde eine Woche lang engmaschig überwacht.
Der erste Tag nach der Operation war entscheidend, und ich musste auf jede Bewegung in meinem Bauch achten.
Gute Nachrichten am nächsten Morgen 
Nachdem ich in der ersten Nacht nach der Operation endlich ein paar Stunden am Stück schlafen konnte, hatten wir gleich am nächsten Morgen den ersten Ultraschalltermin nach dem Eingriff. Mein Mann Luca fuhr mich mit dem Rollstuhl in das Behandlungszimmer. Ich hatte so große Angst, dass ich eines meiner Babys verlieren würde, aber zum Glück war der Arzt in der Nachsorgebehandlung guter Dinge und teilte uns mit, dass sich die kleinen Mäuse schon nach weniger als 24 Stunden auf dem Weg der Besserung befanden. Was ihm jedoch gar nicht gefiel, war der noch weiter verkürzte Zervix, der mittlerweile nur noch 0,6mm dick war. Ich bekam strikte Bettruhe verordnet und durfte nur noch zum Toilettengang aufstehen. Sogar das Duschen sollte ich im Sitzen erledigen.
Nach dem dritten Tag der Behandlung hatten sich beide Babys schon fast vollständig von den Strapazen des FFTS erholt. Wäre mein Zervix nicht so stark verkürzt gewesen, hätte das der Moment sein können, in dem wir wieder nach Hause hätten gehen dürfen. Da mein Zervix jedoch so stark verkürzt war, musste ich weitere Tage bleiben, um zu überprüfen, ob er stabil bleibt, noch kürzer wird oder sich nach starker Bettruhe sogar wieder verlängert. Nach bereits acht Tagen in der Klinik in Hamburg setzte man mir ein Pessar ein, um den Gebärmutterhals zu stabilisieren. Da eine so lange Fahrt mit dem Auto oder Zug zu gefährlich war und die Geburt jederzeit losgehen konnte, konnten mich die Ärzte in Hamburg nicht entlassen lassen und wollten, dass ich bis zur Geburt bleiben würde.
Ich lies mich gegen die Empfehlung der Ärzte selbst entlassen
Für uns war das aufgrund von Lucas Arbeit und unserer zweijährigen Tochter, die bereits eine Woche ohne uns Eltern war, schlichtweg nicht möglich. Deshalb entschieden wir uns, dass ich auf eigene Verantwortung entlassen wurde.
In dieser Nacht kamen meine Schwester und mein Schwager mit ihrem Wohnmobil angefahren, um uns abzuholen. Da mir Bettruhe verordnet worden war, transportierten sie mich liegend und sicher nach Hause. Dafür sind wir ihnen bis heute unendlich Dankbar.
Große Sorgen nach dem Eingriff
Die Zeit nach dem Eingriff war eine sehr schwierige Phase für mich und meine Familie. Wir waren alle besorgt um unsere Babys und meine Gesundheit. Ich hatte starke Schmerzen und war emotional am Ende. Denn obwohl der Lasereingriff ein voller Erfolg war, bestand jederzeit die Gefahr, dass einer der Zwillinge im Bauch sterben könnte. Die Gedanken kreisten in meinem Kopf und ich war nicht einmal Fähig für 30 Minuten alleine zu sein. Ich entwickelte Panikattacken und hatte starke Kreislaufprobleme. Kaum ein Tag verging, an dem ich auf dem Weg zur Toilette oder Dusche nicht zusammenbrach. Luca musste stets an meiner Seite sein, er gab mir ein Gefühl von Sicherheit.
Es waren nur noch 2,5 Wochen bis zur Geburt, aber in dieser Zeit wurden meine Zwillinge und ich sorgfältig überwacht, um sicherzustellen, dass sie sich weiterhin gut entwickelten. Der Lasereingriff war erfolgreich und meine Zwillinge waren stabil, was ein großer Erfolg für das medizinische Team und für mich war und immer noch ist. Ich bin aus tiefstem Herzen dankbar für das medizinische Personal im UKE, das diesen Eingriff so erfolgreich durchgeführt hat. Sie haben nicht nur ein medizinisches Wunder vollbracht, sondern mich auch in den schwersten Momenten meines Lebens liebevoll aufgenommen, ernst genommen und in Würde behandelt. Ich möchte mich auch bei meinen Angehörigen und Freunden bedanken, die uns durch diese schwierige Zeit geholfen haben. Ohne all die lieben Menschen um uns herum hätten wir das nicht geschafft.